Am letzten Spieltag der Hinrunde besiegte Hertha BSC den unbeliebten Champions-League-Teilnehmer RB Leipzig sensationell auswärts mit 3:2. Diese Ausnahme-Partie bot allen mitfiebernden Hertha-Fans emotionale Momente puren Glücks, ja geradezu rauschhafter Ekstase. Nach der ernüchternden Heimpleite gegen Eintracht Frankfurt am 14. Spieltag musste für den Abschluss der Hinrunde für die Hertha leider mit dem Schlimmsten gerechnet werden. Es drohte ganz deutlich Abstiegskampf pur für den Rest der Saison. Aber es kam ganz anders. Die Blau-Weißen legten einen Mega-Hinrunden-Endspurt hin und holten aus den letzten drei Partien starke 7 Punkte. Dem schmeichelhaften Unentschieden in Augsburg folgte der so wichtige Heimsieg gegen Hannover und als Sahnehäubchen, ein nicht für möglich gehaltener Auswärtsdreier beim Brausekonzern RB Leipzig.
Nach dem Schlusspfiff war bei Herthas Trainerstab die Freude über den Auswärtssieg riesengroß.
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Hertha im Europa-League-Teilnahme-Schnitt
In der zurückliegenden Saison 2016/17 hatte Hertha BSC nach dem 34. Spieltag insgesamt 49 Punkte auf dem Konto und damit den direkten Startplatz für die Teilnahme an der Europa League gesichert. Mit nun 24 Punkten nach 17. Spieltagen liegt die Mannschaft knapp im Schnitt, bis zum Saisonende ähnlich viele Punkte sammeln zu können. Anstatt Existenzkampf/Abstiegskampf spielen zu müssen, ist es durch den fulminanten Hinrunden-Endspurt wieder im Bereich des Möglichen, den sportlichen Wettkampf für eine erneute Europapokalteilnahme aufzunehmen. 7 Siege und eine Handvoll Unentschieden in den noch ausstehenden 17 Spielen könnten dafür reichen.
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Trotz Roter Karte für Herthas Innenverteidiger Jordan Torunarigha nach nur 7 Spielminuten gewann Blau-Weiß das Match.
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In der 7. Spielminute Platzverweis für Jordan Torunarigha
Schon gleich die Anfangsminuten in Leipzig hatten es absolut in sich. In der 6. Minute verhalf eine desaströse Abwehrleistung der Leipziger dem Herthaner Davie Selke zu einer unverhofften Torchance, die dieser aber in Torjägermanier perfekt zu vollstrecken wusste. Ein Bombenstart für Blau-Weiß. Aber nur Sekunden später kam die eiskalte Dusche. Herthas Youngster Jordan Torunarigha ließ sich vor dem Strafraum in einen unseligen Zweikampf mit Leichtfuß Timo Werner verstricken, der ihm die Rote Karte wegen Notbremse einbrachte. Nach Betrachtung mehrerer Zeitlupenwiederholungen am Fernseher musste man zu dem Urteil gelangen, dass eher Werner das Foulspiel begangen hatte. Aber menschliche Fehlentscheidungen gehören zum Fußball einfach dazu, egal ob nun mit oder ohne Einsatz des kontrovers diskutierten technischen Hilfsmittels Videobeweis.
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Herrlich zappelte der Ball im Netz der Leipziger. Davie Selke hatte den Flachpass von Alexander Esswein perfekt ins Toreck versenkt.
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Hertha im Jetzt-erst-recht-Modus
1:0 Führung hin oder her, nach dem frühzeitigen Platzverweis stand Hertha eigentlich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zum Abschuss bereit. Aber es kam anders. Als Fußballfan muss man manchmal eine ganze lange Saison warten, bis die Mannschaft, mit der man so leidenschaftlich verbunden ist, eine unerwartete, fast schon unerklärliche Ausnahmeleistung vollbringt. Hertha in Leipzig war ein solches Spektakel. Denn anstatt mit 9 Feldspielern bei den sonst so spielstarken Leipzigern schnell und völlig unterzugehen, führte Hertha BSC zwischenzeitlich mit 3:0 und hatte sogar Chancen zum 4:0. Verkehrte Welt, verrückte Fußballwelt. Die Hertha-Mannschaft war mit höchster Konsequenz im Jetzt-erst-recht-Modus und hatte dann in vielen Spielszenen auch das nötige Glück auf seiner Seite. Ausgebrannt wirkende Leipziger hatten mental entschlossenen Berlinern kaum etwas entgegenzusetzen.
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Nach Ecke von Valentino Lazaro drückte Davie Selke den Ball zum 3:0 gekonnt über die Linie.
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Doppelpack Davie Selke
Der unbedingte Wille zum Sieg kann Berge versetzen. Insbesondere in Pokalspielen kennt man das Phänomen, wenn unterklassige Teams derart über sich hinauswachsen. Für Hertha gab es neben dem Platzverweis noch weitere Faktoren, die zu dieser Leistungsexplosion in Leipzig führten. Zu erwähnen sind: RB Leipzig hat Hertha den Rang abgelaufen, dass Topteam in Deutschlands Osten zu sein. Das nagt. Da kommt Derby-Charakter auf mit seinen eigenen Gesetzen. Die Mannschaft hatte monatelang eine unterdurchschnittliche Sieg- und Punktausbeute. Viele Spiele wurden unglücklich oder durch Elfmeter-Entscheidungen verloren. Da stand eine ordentliche Portion Wiedergutmachungspotenzial im Raum. Und nicht zuletzt die Historie des Hertha-Torjägers Davie Selke, der im vergangenen Sommer in Leipzig im Unfrieden aussortiert nach Berlin gewechselt war. Selke war dann auch hochmotiviert, hochkonzentriert und extrem kampfesfreudig. Da hatten die schwachen Sachsen wenig entgegenzusetzen. Nach dem Tor zum 1:0 in der 6. erzielte Davie Selke auch den Treffer zum 3:0 in der 51. Spielminute. Darüber hinaus hatte Selke bei einem herrlichen Konter sogar noch das 4:0 auf dem Schlappen, traf aber nur den Pfosten des Leipziger Gehäuses. So blieb es bei seinem Doppelpack.
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Herthas sprunggewaltiger Torjäger Salomon Kalou köpfte das 2:0 nach Freistoßflanke von Valentino Lazaro.
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Kopfballtor Salomon Kalou
Es fällt schwer, einzelne Hertha-Spieler herauszuheben. Zu gut war die Leistung der gesamten Mannschaft. Rune Jarstein war wie eigentlich immer der Fels in der Brandung. Neuzugang Valentino Lazaro bereitete nicht nur zwei Hertha-Treffer vor, sondern belebt das bei Hertha so schmerzlich vermisste Spielerische von Partie zu Partie besser. In Leipzig herausragend. Niklas Stark hat als Innenverteidiger mit seiner Spielübersicht, Durchsetzungsvermögen und Kopfballstärke ein vergleichbar hohes Potenzial wie der im Sommer für sehr viel Geld nach Wolfsburg transferierte John-Anthony Brooks. In Leipzig ebenfalls herausragend. Und der 18-jährige Arne Maier machte in Leipzig eine megastarke Partie. Maier schaut man unheimlich gern beim Kicken zu. Aber genauso Fabian Lustenberger, Peter Pekarik, Marvin Plattenhardt, Alexander Esswein und ab der 2. Halbzeit Per Skjelbred lieferten einen richtig famosen Auftritt. Trotzdem sind für den Erfolg im Hinrunden-Endspurt die 4 Tore in drei Partien von Salomon Kalou von größter Bedeutung. Kalous Kopfballtor in Leipzig zur 2:0 Pausenführung war technisch herausragend und für den erfolgreichen Spielverlauf eminent wichtig.
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Arne Maier ist aktuell Herthas Rohdiamant. Kaum zu fassen, wie präsent Maier mit seinen erst 18 Lebensjahren im Mittelfeld zu Werke geht.
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Schiedsrichter Frank Willenborg
Ticker. RB Leipzig – Hertha BSC – 2:3 (0:2). 36.109 Zuschauer sahen in der Leipziger Red Bull Arena eine überraschend aufspielende Hertha-Mannschaft, die sich mit diesem unerwarteten, grandiosen Auswärtssieg nicht nur richtig Luft im Abstiegskampf verschaffte, sondern nun in der Rückrunde den Blick nach oben auf die Europa-League-Plätze richten kann. Schiedsrichter Frank Willenborg und sein Schiedsrichtergespann lagen bei der Roten Karte für Jordan Torunarigha falsch. Aber der unfair agierende Werner hatte seine Attacke geschickt eingefädelt. Den Herthanern Genki Haraguchi, Valentino Lazaro und Kapitän Vedad Ibisevic zeigte Willenborg den Gelben Karton. Die Tore für Hertha BSC erzielten Davie Selke in der 6. und 51. sowie Salomon Kalou in der 31. Spielminute. Die Tore für RB Leipzig erzielten Orban in der 68. und Halstenberg in der 92. Minute. Herthas Spieler mit der größten Laufdistanz: Dauerläufer Arne Maier mit 12.37 gemessenen Kilometern.
Hertha BSC gegen RB Leipzig
Hertha-Mannschaftsaufstellung und Einwechselspieler:
Hertha-Spiele Fußball-Historie
Ältere Spielberichte, Informationen und Meinungen zu Begegnungen beider Mannschaften vom Schiedsrichtergespann:
09. Mai 2017 – Hertharückrundenmurmeltiermodus – Hertha BSC – RB Leipzig – 1:4
19. Dezember 2016 – Klassenfeind – RB Leipzig – Hertha BSC – 2:0
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Zur Halbzeit musste Herthas stark spielender Rechtsverteidiger Peter Pekarik verletzt ausgewechselt werden. Schon in der letzten Partie gegen Hannover hatte Trainer Pal Dardai mit Karim Rekik und Mitchell Weiser zwei Stützen der Mannschaft wegen Verletzung austauschen müssen.
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1. Bundesliga 17. Spieltag:

1. Bundesliga 17. Spieltag:
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RB Leipzig – Hertha BSC – 2:3
19. Dezember 2017 um 20:34
Hier die Pressekonfernez zu diesem tollen Spiel bei HerthaTV.
https://www.youtube.com/watch?v=xbcu28zxWSM