Alle Frankfurt- und alle Hertha-Fans, die ihrem Verein mit Herzblut zur Seite stehen, erlebten gestern Abend einen Fußball-Thriller der Extraklasse. Dabei ergatterten die Herthaner beim 4:4 bei der Eintracht zwar einen wichtigen Auswärtspunkt, aber gefühlt gingen sie als die ganz großen Verlierer vom Platz. Denn sie lagen zwischenzeitlich sensationell mit 3:0 und 4:2 in Führung, bevor sie sich auf der Zielgeraden doch noch zwei Punkte abjagen ließen. Mit zwei späten Toren in der 90. und 91. Spielminute versetzte Frankfurts Mittelstürmer Alex Meier die Alte Dame in eine Schockstarre, aus der sie sich hoffentlich bis zum Hoffenheim-Spiel nächste Woche wieder befreien kann. Mich würde es nicht wundern, wenn die in Frankfurt so mächtig zerlegte Hertha-Defensive einen Knacks wegbekommen hat.
John Antony Brooks und Ronny beim Torjubel zum 1:0 für Hertha BSC
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Hertha-Offensive brillierte mit vier Treffern
Erstmalig in dieser Saison erzielte Hertha BSC vier Treffer in einem Spiel und das noch auswärts. Insbesondere in der ersten Halbzeit verblüfften die Blau-Weißen mit einer geradezu gespenstischen Effektivität. Denn eigentlich drückten die Frankfurter gleich nach Spielbeginn gewaltig aufs Gaspedal, sodass man als Hertha-Fan für die Partie schon mit dem Schlimmsten rechnete. Aber verrückt wie der Fußball nun einmal ist, drehte sich das Blatt ab der 20. Spielminute um 180 Grad. Hertha bekam einen Freistoß zugesprochen, den Ronny perfekt in den Frankfurter Strafraum schlug, wo dann John Anthony Brooks erneut seine Torgefahr bei Standards unter Beweis stellte und vollstreckte. Ein Treffer aus dem Nichts. Spätestens aber nach Herthas zweitem Tor durch Änis Ben-Hatira, eine Ecke von Ronny auf den kurzen Pfosten wurde von Ben-Hatira per Kopf unnachahmlich unter die Latte gezaubert – übrigens erneut ein Treffer aus dem Nichts – verlor die Eintracht völlig die Orientierung.
Nach seinem Kopfballtor jubelt Änis Ben-Hatira mit Eckballschütze und Torvorlagengeber Ronny
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Glanzvorstellung von Änis Ben-Hatira, Ronny und Julian Schieber
Als die verunsicherten Frankfurter nun ihrerseits von den aufblühenden Herthaner schon beim Spielaufbau unter Druck gesetzt wurden, roch es urplötzlich nach einem Mega-Debakel für die Eintracht. In der 37. Spielminute war es dann Torjäger Julian Schieber, der eine perfekt getimte Vorlage von Änis Ben-Hatira zum 3:0 im Kasten unterbrachte. Eintracht Frankfurt war mausetot. Aber es folgte der Klassiker. Der Anschlusstreffer kurz vorm Pausentee. Ein saublöder Gegentreffer, bei der Herthas Verteidigung im Höchstmaß unkonzentriert erschien. Und wie es kommen musste, kamen die Frankfurter ermutigt aus der Kabine, schüttelten ihre Verunsicherung ab und erzielten folgerichtig durch Seferovic in der 58. Minute das 2:3. Das Spiel stand nun auf des Messers Schneide mit Vorteilen für die Frankfurter. Aber erneut eine Standardsituation verhalf den Berlinern zur 4:2 Führung.
Da war die Hertha-Welt noch in Ordnung. Peter Niemeyer erzielte das Tor zum 4:2.
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Freistoß Änis Ben-Hatira, Peter Niemeyer Tor
Da Ronny schon ausgewechselt war, trat in der 80. Spielminute Änis Ben-Hatira einen Freistoß in den Strafraum der Frankfurter, den dieses Mal Peter Niemeyer perfekt zum Tor verwertete. Der Jubel war grenzenlos, denn mit dem 4:2 schien der Sieg zu diesem Zeitpunkt zum Greifen nah. Aber auch dieser erdrückende 2-Tore-Vorsprung zehn Minuten vor Spielende ließ die Moral der Frankfurter nicht einbrechen. Und so nahm das Drama für die Blau-Weißen ihren Lauf. Keine zwanzig Punkte auf dem Konto, kein gesicherter Mittelfeldplatz in der Tabelle, nein, denn noch zwei Tore von Alex Meyer beendeten diese denkwürdige 8-Tore-Schlacht mit einem Unentschieden. Ähnlich wie Bayern München im Champions-League-Endspiel gegen Manchester United im Jahr 1999 bei der „Mutter aller Niederlagen“ mussten entgeisterte Berliner feststellen, dass auch sie sich durch zwei Blitztore, so um die 90. Spielminute herum, um die Früchte der Arbeit hatten bringen lassen.
Frankfurts Alex Meier trifft zum 4:4 Endstand und macht den Fußball-Thriller perfekt
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Roy Beerens verletzt
Hoffentlich hat sich Roy Beerens nicht so schwer verletzt, wie es aussah. Die Fernsehbilder ließen jedenfalls gar nichts Gutes erahnen. Frankfurts Stefan Aigner foulte Beerens derart heftig, dass dieser unter großen Schmerzen nicht nur ausgewechselt, sondern auch gleich ins Krankenhaus gebracht werden musste.
Herthas Roy Beerens auf dem Weg ins Krankenhaus
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Schiedsrichter Guido Winkmann
Ticker. Eintracht Frankfurt – Hertha BSC – 4:4 (1:3). 40.200 Zuschauer sahen in der Frankfurter Commerzbank-Arena ein Fußballspektakel, einen Fußball-Thriller der Extraklasse, in der beidseitig die Offensiv-Reihen brillierten und die Defensiv-Reihen versagten. Schiedsrichter Guido Winkmann und sein Schiedsrichtergespann lagen bei dieser aufwühlenden Partie mit ihren Entscheidungen trotzdem zumeist richtig. Den Blau-Weißen Brooks und Ronny zeigte Winkmann die Gelbe Karte. Die Tore für Hertha BSC erzielten John Anthony Brooks in der 21. nach Ronny-Freistoß, Änis Ben-Hatira in der 33. per Kopfball nach Ronny-Ecke, Julian Schieber in der 37. nach Ben-Hatira-Vorlage und Peter Niemeyer in der 80. Spielminute nach Ben-Hatira-Freistoß. Die Tore für Eintracht Frankfurt erzielten Aigner in der 43., Seferovic in der 58. sowie Meier in der 90. und 91. Minute. Herthas Dauerläufer der Partie: Peter Niemeyer mit 12,12 gemessenen Kilometern.
Hertha BSC gegen Eintracht Frankfurt
Hertha-Mannschaftsaufstellung und Einwechselspieler:
Hertha-Spiele Fußball-Historie
Ältere Spielberichte, Informationen und Meinungen zu Begegnungen beider Mannschaften vom Schiedsrichtergespann:
28. Januar 2014 – Eintracht Frankfurt – Hertha BSC – 1:0
12. August 2013 – Hertha BSC – Eintracht Frankfurt – 6:1
19. April 2010 – Eintracht Frankfurt – Hertha BSC – 2:2
29. November 2009 – Hertha BSC – Eintracht Frankfurt – 1:3
01. Februar 2009 – Hertha BSC – Eintracht Frankfurt – 2:1
18. August 2008 – Eintracht Frankfurt – Hertha BSC – 0:2

1. Bundesliga 16. Spieltag:

1. Bundesliga 16. Spieltag:
Pressekonferenz mit den Trainern Jos Luhukay und Thomas Schaaf
Eintracht Frankfurt – Hertha BSC
HerthaTV, der offizielle YouTube-Kanal von Hertha BSC
18. Dezember 2014 um 17:38
Nein, Nein, LR
einen gravierenden Knacks hat Herthas Defensive hoffentlich nicht bekommen.
Es sind wohl einige Spieler angeschlagen, wie zu vernehmen war bei der heutigen Pressekonferenz vor dem letzten Heimspiel 2014. Bis dahin sind sie hoffentlich fit.
https://www.youtube.com/watch?v=j7EwJMd8ufA
Bei Beerens ist die Diagnose noch nicht klar. Er kann froh sein, wenn er diese bis Heiligabend weiß. Hat der Aigner überhaupt eine Karte bekommen für dieses Brutalofoul?:-(
19. Dezember 2014 um 14:18
Wenn meine Erinnerung nicht trügt, hat Schiedsrichter Winkmann für dieses Foul an Roy Beerens sehr spät Gelb gezeigt. Zuvor hatte er sich Beerens noch einmal genauer angeschaut, der sich ja gefühlt minutenlang mit großen Schmerzen auf dem Boden an der Werbebande hin und her wälzte. Schauerlich.
19. Dezember 2014 um 17:33
Deine Erinnerung ist korrekt Linienrichter.
Man(n) muss sich gar überhaupt nix mehr merken heutzutage.
Wozu gibt es schließlich das Internet, das große externe Gedächtnis? Du brauchst nur einen (mobilen) Internetzugang und ein funktionierendes Endgerät.
Der Spielbericht bei bundesliga.de notiert in der 23. Minute eine gelbe Karte für Aigner und der 27. Minute die Auswechslung von Beerens.
19. Dezember 2014 um 21:54
Es sind einfach goldene Zeiten für Info-Junkies 😉 Allerdings grauts mir schon etwas vor der langen Winterpause. Ohne Bundesligaspiele sitzt man so ziemlich auf dem Trocknen und macht einen auf Zwangsentzug.
20. Dezember 2014 um 09:21
Ach was Linienrichter, lass uns in Erinnerungen schwelgen.
In guten wie in schlechten Zeiten. Betrachten wir gemeinsam noch einmal die Höhepunkte und Tiefpunkte der vergangenen Jahre, hier von dir kommentiert oder an anderen Stellen von anderen im Internet.
Aus Hertha-Sicht ein Höhepunkt: Das Spiel bei Eintracht Frankfurt.
Aus nationaler Sicht: Der Sieg im WM-Finale über Argentinien.
20. Dezember 2014 um 16:41
Ja, das verrückte Spektakel in Frankfurt ist wahrlich nicht verdaut. Wenn Jos Luhukay meint, ohne die beiden Meier Tore kurz vor Schluss hätte Hertha ein gutes Spiel gemacht, kann ich dieses so nicht nachvollziehen. Diese Hertha-Taktik, dem Gegner konsequent den Ball zu überlassen, so gut wie keinen eigenen Spielaufbau zu riskieren, die Bälle lieber nach vorne in die gegnerische Hälfte zu dreschen, am besten noch von Torwart Kraft, wirkte auf mich extrem passiv. Da ist so wenig Vertrauen zu eigener Spielstärke. Und diese Schwäche vermittelt man dann deutlich dem Gegner. Kein Wunder, dass die Frankfurter fest an sich glaubten, nie aufsteckten und deshalb zurecht vier Tore erzielten.
20. Dezember 2014 um 17:07
Tja LR, in punkto Ballbesitz ist Hertha derzeit statistisch Letzter. 🙁
http://sportdaten.sportbild.bild.de/sportdaten/verein/sp1/fussball/te977
Und wer den Ball nicht hat, kann selber keine Tore schießen.
20. Dezember 2014 um 17:51
Diese Bild-Statistik ist echt ernüchternd. Für eine Mannschaft, die möglichst bald in der Bundesliga etabliert sein wollte, ist das deutlich zu wenig Ballbesitz. Herthas – von Jos Luhukay angeordnete Mauerei – erscheint derzeit wie das letzte taktische Mittel, um im Abstiegskampf nicht schon frühzeitig den Löffel abzugeben. Aber wenn man denn schon einen gepflegten Catenaccio aufzieht, dann kassiert man doch gegen Frankfurt nicht vier Gegentore.
21. Dezember 2014 um 13:38
Carpaccio ist definitiv leckerer als Catenaccio.
Mal schauen, auf welchem Tabellenplatz Hertha die Hinrunde abschließen wird.
Egal ob Platz 10 oder 13, davon lassen wir uns das Weihnachtsessen nicht vermiesen.
21. Dezember 2014 um 15:20
Mir wird es schmecken, egal wie Hertha gegen Hoffenheim spielt 😉
Aber für Jos Luhukay und Michael Preetz hängt vom Ausgang der Partie doch einiges ab. Mit einem Sieg wäre Hertha in der angestrebten Etablierungszone. Bei einer Niederlage müssen sich die Hertha-Verantwortlichen in der Winterpause, sehr viel mehr als ihnen lieb sein wird, mit dem Abstiegsgespenst beschäftigen.