Nach Kopfstoß mit Schauspieleinlage von Gladbachs Igor de Camargo fliegt Hertha BSC hochkant aus dem DFB-Pokal. Allerdings erst in der Verlängerung mussten sich gut spielende Berliner gegen Borussia M’gladbach mit 0:2 geschlagen geben. Entscheidend für den Ausgang der Pokalpartie war Igor de Camargos billige Unsportlichkeit, die Hertha BSC teuer zu stehen kommt.
Marco Reus aus dem Spiel genommen
Die anhaltende Pleitenserie in der Bundesliga war der Hertha-Mannschaft im Pokalkracher gegen Favorit Borussia M’gladbach nie anzumerken. Ganz im Gegenteil. Die Berliner dominierten über weite Strecken das Geschehen auf dem Platz, ließen Gladbachs Topstar Marco Reus nicht ins Spiel kommen und profitierten ihrerseits vom gut aufgelegten, des in den letzten Spielen so schmerzlich vermissten, Raffael.
Kopfstoß mit Schauspieleinlage
Erst in der Verlängerung kippte die Pokalpartie abrupt. Ein Kopfstoß mit Schauspieleinlage von Igor de Camargo war für Hertha der Todesstoß. Nicht nur das Roman Hubnik von Schiedsrichter Dr. Felix Brych mit Rot für Tätlichkeit vom Platz gestellt wurde, nein, darüber hinaus gab es tatsächlich noch Elfmeter für Gladbach, den Daems dann sicher verwandelte.
Sterbender Schwan
Wenn Männer den sterbenden Schwan mimen und fallen. Hertha scheint besonders anfällig für das Szenario Schauspieleinlage mit Platzverweis. Erst im Dezember führte eine peinliche Schauspieleinlage des Ex-Herthaners und jetzt Hoffenheimers Sejad Salihovic zur Roten Karte und 3-Spiele-Sperre für Raffael. Vielleicht hat sich Igor de Camargo diese durchaus Erfolg versprechende Taktik für ein Hertha-Spiel ja zum Vorbild genommen. Hertha-Spieler scheinen den Ernst der Lage nicht richtig zu erkennen (Fußball ist ein abgezocktes Millionengeschäft und Fairplay gewinnt maximal ’nen Blumentopf), lassen sich leicht provozieren und tappen so in die Rot(licht)falle.
Kopfstoß Norbert Meier
Der spektakulärste Kopfstoß mit Schauspieleinlage aller Bundesliga-Zeiten bleibt allerdings dem aktuellen Trainer von Fortuna Düsseldorf Norbert Meier vorbehalten. An der Zeitlupensequenz vom Dezember 2005 konnte man sich einfach nicht satt sehen. Dem damaligen Trainer vom MSV Duisburg Norbert Meier wurde ebenfalls die gute Arbeit eines Kameramanns zum Verhängnis. Die Einzelbilder wiesen unzweifelhaft den Kopfstoß mit Schauspieleinlage gegen den Feldspieler Albert Streit nach. Norbert Meier wurde für seine Kopfnuss übrigens schwer bestraft. Der DFB verhängte ein 3-monatiges Berufsverbot und der MSV Duisburg kündigte Meier daraufhin sogar seine Trainertätigkeit. Igor de Camargo bekommt von Gladbachs Schatzmeister wohl eher einen Orden für seine Kopfnuss.
Die 2,3 Millionen Euro Kopfnuss
Die 2,3 Millionen Euro Kopfnuss wird nun Herthas Finanzboss Ingo Schiller schlaflose Nächte bereiten. Der Einzug ins DFB-Pokal Halbfinale hätte die ewig klamme Vereinskasse durch eine satte Zusatzeinnahme kurzfristig so herrlich flüssig gemacht. Der horrende Schuldenberg von über 30 Mios Miesen bleibt Hertha allerdings so oder so als unheilvolles Damoklesschwert noch lange erhalten.
Debütant Felix Bastians
Nach der Auswechslung von Fabian Lustenberger (schwere Fußprellung) kam Felix Bastians zu seinem ersten Einsatz im Hertha-Trikot. Bastians war in der Winterpause für knapp 100.000 Euro Ablöse vom Ligakonkurrenten SC Freiburg verpflichtet worden. Und Bastians machte seinen Job auf der linken Seite richtig gut. Es scheint, als ob Michael Preetz wieder ein guter Transfer für wenig Geld gelungen ist. Im Spiel gegen Gladbach konnte der junge Felix Bastians (23 Jahre) sofort nachweisen, dass er für Urgestein und Haudegen Levan Kobiashvili eine sehr starke Alternative ist.
Schiedsrichter Dr. Felix Brych
Ticker. DFB-Pokal-Viertelfinale. Hertha BSC – Borussia M’gladbach n.V. 0:2 – 0:0 (0:0). Vor 47.465 Zuschauern im Kühlschrank Olympiastadion entschied Schiedsrichter Dr. Felix Brych die Partie mit einer krassen Fehlentscheidung. Anstatt dem Belgier Igor de Camargo wegen unsportlichem Verhalten die Gelbe Karte zu zeigen, zückte er den Roten Karton für Herthas wie immer extrem fair spielenden Innenverteidiger Roman Hubnik. Die Tore für Borussia Mönchengladbach erzielten Daems per Foulelfmeter in der 101. sowie Wendt in der 120. Spielminute.
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Mannschaftsaufstellung Hertha BSC:
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Ergebnisse DFB-Pokal-Viertelfinale 2011/12:
Alle Ergebnisse DFB-Pokal-Viertelfinale 2011/12 im Überblick:
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10. Februar 2012 um 16:09
Fußball, Golf und Adult-Movie: „Das Ding muss ‚rein“
Im Duell des Ex-Hertha-Trainers Favre gegen den noch neuen Noch-Hertha-Trainer Skibbe um den Verbleib im DFB-Pokal-Wettbewerb präsentierte sich Hertha gegen Borussia Mönchengladbach in der ersten Halbzeit genau wie im letzten Ligaspiel (gegen Hannover 96).
In DFB-Pokalspielen gilt das Show-down-Prinzip: „Einer von uns beiden / Ich oder Du / Death by losing … Das ist regulatorisch eindeutig, und dementsprechend begann Hertha vor heimisch engagiertem Publikum im Olympiastadion: klar, ehrlich, kraftvoll nach vorne drängend, folglich mit jeder Menge großartig herausgespielten Torchancen aller Varianten, aber wieder einmal ohne das Glück des Tüchtigen, nämlich 0:0 in der regulären Spielzeit.
Mit dem „gesühnten“ Raffael verfügt Hertha wieder über merklich mehr Verteiler- und Vollstrecker-Kompetenz sowie ubiquitären Schwung im offensiven Mittelfeld. Lasogga gibt sowieso immer sein Letztes, und das ist in der Regel sehr viel. Die Kombinationen flutschen von hinten nach vorn, folglich geraten die Gladbacher unter Druck. Kobiashvili (durch-) kämmt und bürstet linksaußen jede Unebenheit aus. Die gesamte Hertha-Abwehr kann und muss immer wieder nach- und aufrücken. So entstehen ordentliche und schnelle Kombinationen mit gepflegter Ballbehandlung.
Die zweite Halbzeit gestaltet sich ähnlich: Hertha drückt, Gladbach bleibt in Konterstellung und hat erneut einige ernst zu nehmende Momente. Allerdings entbehrt die Umsetzung dieser Counter-Strike-Taktik vor dem Tor der Gastgeber der entscheidenden Präzision.
Dann Substanzverlust bei den Berlinern: Lustenberger muss einbeinig humpelnd vom Platz und wird durch Winterpausen-Neuzugang Felix Bastians ersetzt. Berlin bleibt drängend: Niemeyer mit einem Pfostenschuss aus 20 Metern Entfernung, Bastians mit vom Gladbacher Keeper abgefangenen Kopfball. Zum Schluss kommen die Westdeutschen noch einmal mit zwei Gegenstößen zu e i n e r echten Torchance. Torlosigkeit nach über 90 Minuten.
Der Einer-von-uns-beiden-Modus verlangt nach Verlängerung. Eisige Winterkälte oder Ermüdung ist Spielern und Publikum beider Seiten immer noch nicht anzumerken. Wer an gleichem Ort im Pokal-Endspiel stehen will, muss es in den nächsten 30 Minuten erzwingen können. Und ein solches Erzwingen der finalen Entscheidung zu eigenem Vorteil scheint vor einer ungeliebten Elfmeter-Lotterie für beide Mannschaften nicht nur eher wünschenswert, sondern unbedingt greifbar.
Hubnik läuft zwischen Strafraumgrenze und Torlinie einem anstürmenden Gladbacher den Ball ab, indem er sich trikotnah, aber fair vor ihn schiebt. Keeper Kraft nimmt das Leder sicher an sich, die Tor-Situation scheint für Hertha erfolgreich geklärt. Doch Hertha-Hubnik dreht sich unverhofft auf dem Absatz um, läuft wutschnaubend schnellen Schrittes direkt auf den von ihm soeben von Ball getrennten Igor de Carmargo zu. Es kommt buchstäblich auf Augenhöhe zu einem (allerdings harmlosen) Körperkontakt beider, und dann lässt sich „das Fohlen“ wie vom Blitz gefällt fallen und bleibt wie eine Kegelrobbe reglos liegen. Den wahren Blackout nach dieser grob unsportlichen Schmiereneinlage hat jedoch der Schiedsrichter, der aus „verdecktem Sichtwinkel“ auf Rot für Hubnik sowie Elfmeter für Borussia Mönchengladbach entscheidet. Camargos simulatorische Maikäfernummer (die Bezeichnung „Schwalbe“ scheint für die steinfallhafte Flugphase unpassend) bleibt ungeahndet. Hubnik hat sich unprofessionell verhalten, und das bisherige Hertha-Bemühen wird durch den dann von Daems verwandelten Strafstoß pervertiert: 0:1. Die Klamauk-Show hat sich für die Gäste aus dem niederrheinischen NRW ausgezahlt, das riecht nach Vorentscheidung.
Und so kommt es auch: Hertha stemmt sich dem Unverhofften noch mit Tor-Schüssen von Ronny sowie Ottl entgegen, jedoch vergeblich.
Letzter Seitenwechsel. Noch eine Viertelstunde und alles läuft wie gehabt. Berlin stürmt beherzt weiter. Ramos vergibt vor dem Tor mit einem Schuss in die Oberränge. Auf der Gegenseite tut es ihm Hanke gleich und hebt das Leder Richtung Flutlicht; Aufatmen auf den blau-weißen Tribünen. Das bleiche Magengesicht von Herthalegionär und Geschäftsführer Preetz spiegelt das gesamte Spielgeschehen und die vermeintlich bevorstehende Niederlage wider. Das Spiel wogt hin und her. Schließlich komplettiert der frisch eingewechselte Wendt in einem schnellen Gegenstoß das Resultat dann zum 0:2.
Wie lautet die apodiktische Misserfolgsformel der Desperaten: „Kein Glück plus Pech gleich Aus.“
Der in diesem Abend Gerade-noch-Hoffenheim-Skipper, Holger Stanislawski, versucht diesem lapidaren Grundprinzip (in aktuell ähnlich prekärer Situation) vor laufenden Kameras feuchten Auges abschiedsmelancholisch eine fast schon prosaische Aussage-Textur zu verleihen: „Es nutzt nichts. Der Ball muss über die Linie rutschen.“
„In vollem Umfang“ möchte man bildlich beschwörend noch hinzufügen.
Ob die vorgetragenen Bälle dynamisch rammend, irisierend tänzelnd, quälend torkelnd oder ästhetisch einschwebend kommen, ein nachhaltiges Grundprinzip in den Unterhaltungsbranchen Fußball, Golf und Adult-Movie lautet: „Das Ding muss ‚rein“ und zudem häufiger als es der jeweilige Gegner zu tun vermag. Diese Grundtendenz bei Pflichtspielen verfehlte Hertha BSC im Jahre 2012 mit vier Niederlagen signifikant. Das Kalenderjahr mag noch jung sein, die Fußballsaison jedoch nicht mehr.
10. Februar 2012 um 20:56
Wow, 1 Kommentar und schon alles gesagt zu diesem Schauspiel.
Es war hübsch kalt im Oly am Mittwoch Abend, aber die Spannung ließ mich bis zum Schlusspfiff nicht an die Kälte denken. Und der Elfmeterpfiff des Schiedsrichters sorgte für reichlich Hitze für den Rest des Abends bei den Fans.